Vor über zwei Jahren begann alles mit der Erkenntnis, dass aus den Schornsteinen der Kalköfen in Dehrn erhebliche Abwärme entweicht.
Daraufhin beschloss der Ortsbeirat Dehrn, Gespräche mit der Firma Schaefer Kalk über die Nutzung dieser Abwärme zur Beheizung der Gebäude in Dehrn zu führen. Die Unternehmensleitung zeigte großes Interesse an der Idee und war bereit, mögliche Umsetzungen zu prüfen.
Um eine solide Basis für den weiteren Prozess zu schaffen, formierte sich eine Arbeitsgemeinschaft aus Mitgliedern des Ortsbeirats und engagierten Bürgerinnen und Bürgern von Dehrn. Diese Gruppe begann, alle relevanten Fragestellungen rund um das Projekt zu beleuchten und einen Plan zur Realisierung zu entwickeln. In diesem Rahmen nahmen wir Kontakt zur Stadt Runkel, zur Landesenergieagentur (LEA) und zu weiteren Unternehmen in Dehrn auf. Schnell wurde klar, dass die Realisierung nur mit staatlicher Förderung möglich sein würde und ein ordentlicher Prozess von Erhebungen, Planungen und Anträgen auf Fördermittel notwendig sein muss.
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Die erste Herausforderung bestand darin, eine Konzeptstudie zu erstellen, um einen ersten Förderantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nach BEW 1 stellen zu können. Die hierfür erforderlichen fünfstelligen Finanzmittel mussten akquiriert werden. Nach intensiven Gesprächen mit der Stadt und verschiedenen Firmen konnten wir die nötige Summe zusammenbringen. So beauftragten wir im Herbst 2023 die Firma Viessmann mit der Erstellung dieser Konzeptstudie. Um die Kosten für die Konzeptstudie niedrig zu halten, führten zehn Dehrner Bürger in Abstimmung mit der Firma Viessmann wesentliche Erhebungsarbeiten durch. Sie erfassten den aktuellen Stand der Heizungsanlagen, die Größe der Gebäude, die verwendeten Energieträger sowie den durchschnittlichen Energieverbrauch. Zudem wurde die Bereitschaft der Eigentümer zur Umstellung der Heizungen mit Anschluss an ein Nahwärmenetz abgefragt.
Vor, während und nach diesem Prozess wurde in mehreren Informationsver-anstaltungen die Bürgerinnen und Bürger über die Gestaltungsmöglichkeiten und Detailfragen des Projektes informiert. Neben der Einbeziehung der LEA haben wir uns auch über vergleichbare realisierte Projekte erkundigt und vor Ort bei den Betreibern eingehend informiert. Auch deren Erfahrungen wurden den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt. Dies führte dazu, dass wir von rund 650 Gebäuden in Dehrn für über 400 Gebäuden von den Eigentümern eine Interessensbekundung für den Anschluss an das Nahwärmenetz erhalten konnten.
Obwohl in der Konzeptstudie von Viessmann auch alternative primäre Energieträger untersucht wurden, kam das Unternehmen zu dem Schluss, dass durch die Nutzung der Abwärme aus den Kalköfen ein wirtschaftlich tragfähiges Nahwärmenetz errichtet werden kann. Damit war die Grundlage für die Beantragung der Fördermittel zur weiteren Planung des Nahwärmenetzes bei der BAFA gelegt. In zahlreichen Gesprächen mit verschiedenen Planungsbüros und politischen Vertretern wurde jedoch deutlich, dass hierfür ein mittlerer sechsstelliger Betrag aufgebracht werden musste. Auch hier wurde unter Berücksichtigung der strengen Förderkriterien des Bundes wieder der Dialog mit politischen Repräsentanten der Stadt und des Landes notwendig, um weitere Finanzierungsmöglichkeiten zu finden. Nach intensiven und schwierigen Gesprächen konnten wir auch diese Hürde überwinden und unseren Förderantrag beim BAFA einreichen. Eine der Voraussetzungen war die Gründung einer Genossenschaft als Rechtsträger für Planung, Bau und Betrieb des Nahwärmenetzes. Am 19. November 2024 wurde die Genossenschaft von 63 Bürgerinnen und Bürgern in Dehrn gegründet und nach Prüfung durch den Prüfungsverband für Genossenschaften in Hessen im Amtsgericht Limburg eingetragen. Mittlerweile zählt die Genossenschaft bereits 87 Mitglieder, die mit einem Mindestanteil von 1.000 Euro und dem damit verbundenen Risiko des Ausfalls (bei nicht Gelingen des Projektes) die Eigenmittel für die Planungsarbeiten nach BEW 1 aufbringen. Ergänzt durch eine Beteiligung von Schaefer Kalk an den Planungskosten und den noch ausstehenden Beitritt der Stadt Runkel zur Genossenschaft ist die Finanzierung der bereits beauftragten Machbarkeitsstudie sowie der Planungsleistungen nach HOAI 2 bis 4 gesichert. Anfang August erhielten wir dann auch den Bewilligungsbescheid der BAFA.